Get Well Soon
Kunsthaus Nürnberg
19–01–2020
Exhibition Note by Ellen Wagner

AIDS-3D (Daniel Keller & Nik Kosmas), World Community Grid Water Features, 2010, installation view, Kunsthaus Nürnberg, 2019. Courtesy: the artists and Geddert Hronjec Collection Berlin; photograph: Annette Kradisch

Wann sind wir eigentlich 'völlig gesund'? Und wer diagnostiziert aufgrund welcher Indizien und Befunde, dass wir 'krank' sind oder es bald zu werden drohen? Ob Weltgesundheitsorganisation, Krankenkasse, Arbeitgeberin, Familienangehörige – jeder hat eine Meinung dazu, wie es uns gehen sollte und was das für unsere Rechte und Pflichten in der Gesellschaft bedeutet.
Die Ausstellung 'Get Well Soon' verzichtet auf klare Definitionen von 'krank' und 'gesund'. Sie blickt auf die Schwelle zwischen beiden Zuständen, die immer aufeinander bezogen sind: Meint Gesundheit nicht letztlich auch die Anfälligkeit dafür, krank zu werden? Und kann Kranksein – bei allem Leid, das es hervorruft – nicht auch für die eigene Lebendigkeit und Eingebundenheit in das Soziale und in ganze Ökosysteme sensibilisieren?

Linda Weiß, Einladung zum Stören, Rauhnächte Edition, 2019, installation view, Kunsthaus Nürnberg. Courtesy: the artist; photograph: Annette Kradisch

Als Bekräftigung und zugleich Hinterfragung der Idee, gesünder durch Rückzug, Meditation und Naturverbundenheit zu werden, können Linda Weiß’ Einladung zum Stören (2019) aus Keramik und Handyhaltern oder Daniel Kiss’ an eine brüchige Wohlfühlumgebung mit künstlichen Pflanzen und transparenten Paravents erinnernde Anordnung betrachtet werden – aber auch die dekorativen Zimmerbrunnen von AIDS-3D, die mit leistungsstarken PCs kombiniert wurden, um Rechenleistung für gemeinnützige Forschung bereitzustellen.

Immer wieder trifft man auf organisch wirkende Materialien, die sich biegen, dehnen, stretchen – oder aber aufreißen, aufweichen und verschwimmen, als wollten sie sich einer Reha-Maßnahme des Wieder-Beweglichwerdens widersetzen. Anpassungsfähigkeit einerseits und das störrische Beharren auf dem Brüchigen andererseits können dabei stellvertretend für körperliche und geistige Zustände gelesen werden, die sich in einem Wandlungsprozess befinden.

Daniel Kiss, installation view, 2019, Kunsthaus Nürnberg, Courtesy: the artist; photograph: Annette Kradisch

Benjamin Zuber, grounded, 2019, installation view, Kunsthaus Nürnberg. Courtesy: the artist; photograph: Annette Kradisch © VG Bild-Kunst, Bonn 2019.

Bei Benjamin Zuber mündet die Verarbeitung eines eigenen Unfalls, getrieben von der Faszination für die Optik des Funktionalen in Klinikumgebungen, in einer Ästhetisierung zweiten Grades, die auf Abstrahierung und Rhythmisierung von Mustern beruht. Textlich scheinen auch Kai Altmanns Sonnensegel auf krisenhafte Durchgangsstadien anzuspielen, wo in der Vermeldung individueller Körper- und Geisteszustände die Lage des gesamten Ökosystems mitzuschwingen beginnt.
Im Hintergrund klingt Stanya Kahns und Llyn Foulkes’ Happy Song for You (2011) – ein ironisch-melancholisches, beschwingt, dann wieder schleppend sich voranbewegendes Stück Musik, bebildert von Szenen zwischen Fürsorglichkeit und Bedrohung.


Stanya Kahn & Lyon Foulkes, Happy Song For You, 2011, installation view, Kunsthaus Nürnberg, 2019. Courtesy: the artist and Electronic Arts Intermix (EAI), New York; photograph: Annette Kradisch

Get Well Soon
von #Kunst, #Selbstoptimierung und #Gesundheit
7. Dezember 2019 - 16. Feburar 2020
artists
IDS-3D, Kari Altmann, Stanya Kahn, Daniel Kiss, Linda Weiß, Benjamin Zuber
Kunsthaus im KunstKulturQuartier
Königstraße 93
90402 Nürnberg